baukurier — das Magazin der Witschi AG

Marc Däpp und André Gabi

Gespräch über Arbeitsvorbereitung und Teamführung.

Mit Marc Däpp (rechts im Bild), Polier Hochbau, und André Gabi, Polier Tiefbau, spricht Bendicht Witschi über die wichtigen Themen Arbeitsvorbereitung (AVOR) und Teamführung. Beide sind langjährige Mitarbeiter und gehören zum Witschi Kader.

Bendicht Witschi: Mich interessieren die Themen AVOR und Teamführung sehr. Sie werden immer als zentrale Elemente für eine erfolgreiche Abwicklung eines Bauprojektes gesehen. Was versteht ihr unter Arbeitsvorbereitung?
André Gabi (AG): Dass alles einige Tage im Voraus geplant und organisiert ist, damit gearbeitet werden kann. Falls der Polier an einem Morgen nicht kommt, wegen Krankheit oder so, soll die Baustelle trotzdem laufen. Derjenige, der die Vertretung machen muss, soll davon ausgehen können, dass das Material auf drei bis vier Tage vorbestellt ist.

Marc Däpp (MD): Das ist richtig. Dazu gehört aber auch, dass man Pläne hat, um Materialauszüge zu machen und das Baumaterial zu bestellen. Es ist essentiell, dass die Planung der Ausführung voraus ist.

AG: Wenn die Planung nicht bereit ist und man spontan reagieren muss, entstehen sofort Zusatzkosten.

BW: Wo seht ihr die Stolpersteine bei der AVOR? Was bremst euch?
AG: Wenn Pläne zu spät geliefert werden.

BW: Passiert dies im Hoch- und im Tiefbau?
MD: Im Hochbau kommt es leider oft vor.

AG: Im Tiefbau weniger. Die Schwierigkeit bei uns ist, dass wir oft nicht wissen, was im Boden ist. Da kann viel Unvorhergesehenes passieren. Und das kann man nicht beeinflussen. Wenn man Glück hat, geht der Plan auf, wenn nicht, verliert man sofort viel Zeit, und die muss man dann irgendwie aufholen.

MD: Das erlebe ich auch. Solange wir an der Kanalisation arbeiten, ist es komplizierter, ich kann weniger weit vorausplanen. Sobald das Untergeschoss mit den Kellerräumen steht, wird es viel einfacher. Wenn dann immer die gleichen Geschosse folgen, kann ich bis zu drei Wochen im Voraus planen.

BW: Die Herausforderungen sind unterschiedlich. Im Tiefbau bietet der Boden Schwierigkeiten, im Hochbau sind wir auf die Planer angewiesen. Wo seht ihr Optimierungspotenzial innerhalb der Witschi AG für eine gute AVOR? Lassen wir Kunden und Planer nun aus dem Spiel.
MD: Wenn man ein Projekt annimmt, sollte sichergestellt sein, dass genügend Inventar vorhanden ist. Ich glaube, wir haben manchmal fast zu viele Baustellen gleichzeitig. So kommt es eben zu Inventarengpässen. Momentan sehe ich das bei den Schalungen, wir haben zwar viel Material, aber gerade jetzt sind einzelne Schalungselemente, besonders Eckelemente, rares Gut.

AG: Bei uns ist das Inventar auch knapp, aber ebenso das Personal. Zurzeit haben wir wieder mehr Temporäre, und diese Arbeiter kennt man nicht so gut wie die eigenen.

BW: Ja, im Tiefbau ist der Anteil an Temporären tiefer als im Hochbau. Im Hochbau habt ihr auch Temporäre im Team. Auf Personalknappheit zu reagieren ist schwieriger als auf Inventarengpässe. Inventar kann unkompliziert eingemietet werden.
AG: Wenn Inventar herumgeschoben werden muss, weil es so knapp ist, dann verliert man auch Zeit. Manchmal kommt es so fast zum Stillstand, weil ein Gerät fehlt. Nicht immer gibt es „Ersatzbüez“.

BW: Marc, du sagst bereits bei der Akquisition sollte optimiert werden, nicht zu viele Baustellen gleichzeitig. Das ist schwierig zu handhaben, weil man ja beim Offerieren noch nicht weiss, ob man die Zusagen erhält. Die richtige Anzahl an Aufträgen stimmt fast nie. Siehst du, André, auch noch Optimierungspotenzial?

AG: Die gute Qualifikation des Personals ist enorm wichtig, dass es selbständig arbeiten kann. Wenn man dauernd draussen auf der Baustelle ist und keine Büroarbeiten erledigen kann, dann ist man sofort im Verzug.

BW: Könnt ihr eure Funktion wahrnehmen?
AG:
Das kommt eben aufs Team an. Wenn ich mit meiner festen Truppe arbeiten kann, dann ist das kein Problem. Wenn ich aber einen zusammengewürfelten Haufen habe, dann wird es schwierig.

MD: Ich glaube schon. Ich habe gute Leute im Team, auf die Verlass ist. Und es ist mein Job, dass ich sie ab und zu kontrollieren muss. Ich weiss aber auch, dass sie zu mir kommen, wenn sie unsicher sind.

BW: Wie bereitet ihr das Team auf den Tag vor?
MD:
Zehn Minuten vor Arbeitsbeginn erkläre ich den Tagesablauf, sage, wann die Lieferungen kommen, wann der Beton, das Eisen etc. Aber auch was morgen sein wird. Ziel ist, dass jeder in meinem Team weiss, was er zu tun hat, wenn er aus der Baracke geht.

AG: Ich mache das meistens schon am Tag vorher, und dann habe ich auch ein Whiteboard in der Baracke, wo die Arbeitsgänge für die Woche aufgelistet sind. So sieht der Maschinist, wann welche Lieferung kommt, und kann mitdenken und überlegen, wo er das Material am besten lagert.

BW: Ihr bezieht das Team mit ein, damit es informiert ist, was in Zukunft läuft. Das ist wichtig. 
AG:
Wenn sie wissen, was als Nächstes kommt, wissen sie auch, ob sie das gebrauchte Material versorgen sollen oder ob sie es für den nächsten Schritt auch noch benötigen.

BW: Schaut ihr bei der Arbeitsverteilung im Team auch auf die Fähigkeiten eines jeden?
MD:
Ja, das mache ich so.

AG: Wir sind jeweils so wenig, nur zwei, drei, da gibt es keine Wahlmöglichkeiten.

BW: Wie motiviert ihr eure Leute? 
AG: Als Polier musst du die Schlummermutter sein und auf das Wohlbefinden der Leute achten.
MD:
Mit Vorleben. So wie du es willst, so musst du auch auf der Baustelle sein. Man kann nicht faul sein und die anderen jagen. Man muss helfen, wenn es nötig ist, und nicht nur sagen: Schaut selber. Und ja klar: Auch loben muss man ab und zu, nicht nur das Negative sagen.

BW: Wie reagiert ihr, wenn es nicht nach Plan läuft?
MD:
Dann muss ich es auch sagen. Oft passiert das auch, wenn ich zu wenig informiert habe, dann bin ich wütend auf mich selber. Wenn jemand schlecht gearbeitet hat, dann bin ich auch wütend, und das sage ich dann auch. Dann ist der andere jeweils auch wütend und nach einer Stunde ist wieder gut.

BW: Kritisieren ist schwieriger als loben, vor allem dass man gut kritisiert und nicht verletzend.
AG:
Ich glaube, es wird mehr kritisiert als gelobt. MD: Ich probiere immer, nach dem Kritisieren noch etwas Positives zu sagen.

BW: Das ist ein guter Grundsatz.
MD:
Manchmal ist es halt schon einfach ein Wahnsinnsstress. Wir sind noch nicht fertig mit Schalen und der Beton wird schon herangefahren.

BW: Zeitdruck ist auch ein Thema.
AG:
Ja, mit dem Zeitdruck steigt auch die Fehlerquote.

BW: Habt ihr konstante Teams?
MD:
Eigentlich schon.

AG: In meinem Team ist nur ein Maurer. Dann ein Maschinist, nicht immer derselbe, und meistens noch ein Lehrling. Grösser sind wir selten.

MD: Ich finde es auch wichtig, dass wir Poliere von den Bauführern bei Beginn einer Baustelle einen kompletten Ordner mit Lieferantenliste und Unternehmerliste und allen Infos erhalten. So kann ich mich am besten auf die Baustelle vorbereiten. Zum Beispiel bei der Baustelle in Grenchen lief es sehr gut, dank den frühen Infos konnten wir die Kräne noch anders platzieren, was nun die bessere Lösung ist. Diese Informationen sollte man nicht erst an dem Tag erhalten, an dem die Bauarbeiten beginnen.

BW: Die ganze Übergabe muss standardisiert sein. Wir haben abgemacht, dass Bauführer und Polier das Devis zusammen durchackern und spezielle Positionen anschauen, bevor die Baustelle beginnt. Du müsstest davon ausgehen können, egal bei welchem Bauführer du eine Baustelle hast, die Organisation ist immer dieselbe.
AG:
Ich erhalte auch alles fixfertig im Ordner.

MD: Ich lese den Ordner nicht auf einmal von vorne bis hinten durch. Man sollte, ich weiss, und am besten alles auswendig lernen. Aber ich finde, dass man die wichtigsten Positionen kennen und früh genug vor den anstehenden Arbeiten in die Offerte schauen sollte, damit man, falls nötig reagieren kann. Für mich ist wichtig, dass auch der Bauführer mich auf das Aussergewöhnliche aufmerksam macht.

AG: Wir im Tiefbau kennen das Devis mit der Zeit in- und auswendig. Der Unterschied besteht darin, dass wir ganz anders ausmessen. Wir müssen wissen, ob wir einen Nachtrag stellen können oder nach Regie verrechnen.

BW: Ich finde, im Hochbau ist das eigentlich auch so.
MD:
Wir arbeiten auch mit Pauschalen, dann müssen wir wissen, was in der Pauschale enthalten ist und was nicht. Darum schaue ich das Devis immer früh genug vor der Ausführung der Arbeit nochmals durch, wenn etwas nicht drin wäre, muss ich einen Nachtrag stellen.

BW: Vielen Dank für das Gespräch. Es ist interessant, wie trotz Unterschieden zwischen Hoch- und Tiefbau die zentralen Elemente der AVOR und der Teamführung doch ähnlich sind.

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