baukurier — das Magazin der Witschi AG

„Ich würde mich wieder bewerben.“

Daniel Schärer ist seit vielen Jahren Leiter unserer Werkstatt. Ende Dezember erreicht er das Pensionsalter. Gemeinsam schauen wir auf fast 20 Jahre in der Witschi AG zurück.

Daniel Schärer mit dem Notstromaggregat Deutz 6 Zylinder von 1961

Bendicht Witschi: Daniel, wann bist du in die Firma eingetreten?
Daniel Schärer:
Das ist lange her. 19 Komma etwas Jahre.

War die Stelle ausgeschrieben?
Ich war bereits ein Jahr arbeitslos, als zwei Stellen ausgeschrieben waren: eine als Baumaschinenmechaniker bei der KiBAG, damals König, und zwei Wochen später eine bei der Friedrich Witschi AG als Leiter Werkstatt.

Hast du dich wegen dem Jobprofil für die Witschi AG entschieden? Du warst vorher auch Werkstattleiter.
Bei meiner alten Stelle in einem kleinen Hochbauunternehmen war ich alleine in der Werkstatt, ich hatte nur den Magaziner unter mir. Nach diesem Jahr ohne feste Stelle war ich unter Druck. König hatte ich bereits zugesagt, als ich mich hier bei Ernst Wehrli vorstellen durfte und er mich anstellen wollte. Schliesslich habe ich mich für die Friedrich Witschi AG entschieden. Witschi war etwas kleiner und vielseitiger, das schien mir interessanter. So ging ich bei Peter König vorbei und zog meine Zusage zurück. Er hat es begriffen.

Das war etwa 1997. Anfang der 90er-Jahre brachen auf dem Baumarkt die Preise ein.
Ich verlor meine Stelle wegen dem Immobiliencrash, nicht wegen der Baukrise. Eine Person im Unternehmen hatte sich mit Immobilien verspekuliert. Die Firma feierte irgendein Jubiläum. Am Montag nach dem Fest war alles aus. Wir Mitarbeiter wussten bis am Schluss von nichts. Ich war etwa 17 Jahre dort. So wurde ich arbeitslos.

Sicher ein prägendes Erlebnis.
Ja, sehr. Ich wünsche es niemandem, und doch glaube ich, es wäre für jeden gut, einmal zu erleben, wie es ist, auf der Strasse zu stehen.

Du warst damals ein Jahr auf Stellensuche. Heute hättest du sofort wieder eine Stelle als Baumaschinenmechaniker Meister.
Ja, als Mechaniker war es damals sehr schwer. Ich war auf dem RAV und habe die Weiterbildungsmöglichkeiten genutzt. Ich habe Computerkurse besucht: CAD, Word, Excel … und gleichzeitig jeden Job angenommen, der zu haben war. In einer Teigwarenfabrik habe ich zum Beispiel kontrolliert, ob die Adressen noch stimmen. Oder nach einem Unfall mit ausgelaufenem Polyesterharz bin ich putzen gegangen.

So war der Job bei uns ein Neubeginn. Was hast du angetroffen?
Eine gute Firma. Eine sauber und gut geführte Werkstatt. Funktioniert hat auch alles.

Wurdest du eingearbeitet?
Ja, einen Monat. Danach hat mein Vorgänger die Firma verlassen.

Hattest du zu Beginn eine Vision für deine Abteilung?
Ich habe einen Grundsatz: Wenn ich etwas mache, will ich, dass es gut wird. Es muss für mich stimmen, aber auch für denjenigen, für den ich den Auftrag erledige. Vorher höre ich nicht auf. Dieses Prinzip sollte eigentlich überall so funktionieren. In einer Werkstatt ist es manchmal schon etwas schwierig: Wir reparieren oder reinigen eine Maschine, und es kann sein, dass sie nach 15 Minuten Einsatz wieder aussieht wie vorher. Wenn man ein Haus baut, dann sieht man das Werk danach jeden Tag. Mir ist der Berufsstolz wichtig. Ich beobachte, dass es nicht allen so geht.
  
Hast du in der Werkstatt etwas verändert, nachdem du begonnen hast?
Mein Vorgänger liess kleine Geräte auswärts reparieren. So aber wurden die älteren Maschinen stets ausgemustert, nur weil sie alt waren. Ich habe dann beschlossen, diese wieder selber zu flicken. Auch damit Chauffeure, wenn sie gerade keinen Auftrag haben, diese Arbeiten erledigen können und nicht herumstehen.

Du hast die Werkstatt auch vergrössert. Von einem Zweierteam zu fünf Personen, davon zwei Lehrlinge. Wie hat sich die Technologie in den letzten 20 Jahren verändert?
Es ist anders geworden, der grösste Teil ist heute mit Elektronik gesteuert.

Ist die Elektronik eine Bedrohung für eine Werkstatt?
Ja, das kann zum Teil schon eine Bedrohung sein. Man muss sich ständig weiterbilden. Man muss sich in die verschiedenen Systeme einarbeiten. Die grosse Frage ist immer wieder: Wie kann man ein elektronisches Bauteil umgehen oder austricksen. Bei Hilti zum Beispiel haben die Geräte einen Chip, dieser stellt nach zwei Jahren die Maschine einfach ab. Dann bist du gezwungen, die Maschine einzuschicken, ausser du findest heraus, warum welches Bauteil dem Gerät sagt: Stell ab. Ohne Computer kannst du bei einem Lastwagen nichts mehr machen. Dafür kannst du mit dem Laptop herausfinden, wer wann zu hochtourig gefahren ist, wer falsch geschaltet hat oder wer die Kupplung falsch bedient hat. Wir haben ältere Geräte, die technisch viel einfacher aufgebaut sind, und die sind immer noch gut. Ein neues Gerät hält nicht mehr so lange.

Welche Maschine interessiert dich besonders?
Was mich immer fasziniert, sind eben alte Maschinen, wie etwa unser altes Notstromaggregat, eine Deutz 6 Zylinder von 1961 (siehe Bild). Wir brauchen es nur noch sporadisch, zum Beispiel war es während des Büroneubaus im Einsatz. Das Aggregat ist eigentlich ein qualitativ hervorragender Lokomotivenmotor. Alle Maschinen von früher sind massiv und somit sehr schwer. Michael Witschi wollte die Deutz mal nach Panama geben, aber da habe ich mich dagegen gewehrt. 

Erzähle uns eine Anekdote aus der Werkstatt.
Wir sind schon ab und zu mit Situationen konfrontiert, wo man schmunzeln muss. Zum Beispiel wurde eine Kettensäge zurückgebracht, weil sie trotz laufendem Motor nicht sägte. Die technische Analyse hat ergeben, dass die Kette falsch herum eingesetzt wurde – so kann eine Motorsäge nicht funktionieren. Was immer wieder passiert, sind Verwechslungen mit Diesel, Benzin und Öl. Solche Sachen sind manchmal ärgerlich und manchmal lustig.

Wenn du nun auf diese 20 Jahre zurückschaust, was geht Dir durch den Kopf?
Es war eine sehr gute Zeit, ich habe viel gelernt. Ich würde mich nochmals bewerben. Wir sind hier in der Werkstatt sehr selbständig, eine Firma in der Firma, vielleicht etwas ausgeschlossen, aber ich habe das geschätzt. Die Zusammenarbeit mit dir habe ich sehr kollegial erlebt. Du machst einen Job, den ich nicht machen könnte, vor dem habe ich Respekt. Und du könntest meinen vielleicht auch nicht machen.

Nein, das könnte ich sicher nicht.
Aber das ist ja der Sinn vom Team. Du musst deinem Unterstellten Aufgaben geben und etwas vorzeigen und du musst ihn behandeln wie eine gleichwertige Person.

Du hast viel dazu beigetragen, dass wir heute eine sehr gute Übersicht über unser Inventar haben.
Ja, da sind wir gut, und es ist auch sehr praktisch, dass wir unser Inventar digitalisiert haben. Es fehlen noch ein paar Komponenten, aber es kommt gut.

Den Prozess mit dem Inventarmanagement habe ich ins Leben gerufen. Es war am Anfang sehr harzig, eine schweisstreibende Sache. Wie hast du das erlebt?
Für mich war es nicht problematisch, es braucht halt einfach alles Zeit.

Wenn heute ein Gerät nicht angeschrieben in die Werkstatt kommt …
… wird es erfasst, nummeriert, registriert.

Es ist toll, wie du da mitgemacht hast. Du warst nicht skeptisch diesem Projekt gegenüber. Und jetzt gibt es nochmals ein Projekt mit Windream (Dokumentenmanagement).
Ja, das gibt dann nochmals Büez. Wenn mein Nachfolger hier ist, werde ich mehr Zeit haben und kann jeden Mitarbeiter ins Megabau einführen. Das Ziel ist ja, dass wir alle am selben Ort arbeiten und nicht X Listen haben. Ich arbeite momentan schon noch an drei verschiedenen Programmen, weil was ich angefangen habe gilt als Sicherheit für mich.

Was hast du für Pläne nach der Pensionierung?
Ich habe viele Pläne! Als Erstes: zwei Mal pro Woche Grossvater sein, dann fischen, modellfliegen und natürlich schrauben, ganz ohne Schrauben kann ich nicht sein. Wenn es die Möglichkeit gibt, hier noch ein wenig zu schrauben, dann würde ich das sehr gerne tun.

Was erzählst du deinen Grosskindern von deiner Arbeit in der Werkstatt?
Sie sind noch zu klein für Werkstattgeschichten, aber ich erzähle ihnen Märchen, gehe mit ihnen Pilze sammeln und Blüemli anschauen. Aber wenn sie dann älter sind, will ich ihnen schon technische Sachen mitgeben.

Lieber Daniel, vielen Dank für dieses Gespräch. Hast Du noch einen Wunsch an die Firma?
Ich wünsche der Firma Witschi alles Gute, es ist eine der besten Firmen im Oberaargau. Für die Mitarbeiter wünsche ich, dass sie Sorge tragen zu ihren Ressourcen und dass sie sich bewusst sind, was sie hier haben, und ich wünsche ihnen, dass sie nie arbeitslos werden.

Das Gespräch wurde im September 2016 geführt.

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